Montag, 10. Januar 2011

...

Schneewittchen freute sich über das Leben.
Darüber einer der sieben Zwerge zu sein.
Wie kann man so etwas behaupten, sprach der Spiegel.
Wie kann man überhaupt etwas behaupten, ohne es gleich wieder zurückzunehmen.
Die Stiefmutter aber erkannte in diesem Satz eine Frage.
Und schon war sie hin.
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Freitag, 7. Januar 2011

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Wir werfen unsere Schatten aus dem Fenster
Wir sind bestürzt wie leicht sie sich von uns trennen
Mit welcher Fröhlichkeit sie in die Nacht steigen
Als hätten wir ihnen eine Kreuzfahrt geschenkt
Auf der sie nach Geheimnissen tauchen dürfen
Nach winselnden Geheimnissen
Die aufgedeckt werden wollen
Weil sie keine Luft bekommen
Unter der schweren Daunendecke
In der Bretterkiste
Im feuchten Kellerloch
Geheimnisse, die sich wünschen
Jemand würde ihnen die Nase putzen
Mit einem Zipfel vom Glück
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Montag, 27. Dezember 2010

...


Annuschka Blume

Er halte Lesen für eine der größten Glückseligkeiten, hat Jorge Luis Borges einmal geäußert, und natürlich kann man so eine Aussage anzweifeln, man kann sie genau so lange anzweifeln, bis man den Roman Annuschka Blume von Marjana Gaponenko in die Hand nimmt und darin zu lesen beginnt. Zu lesen? Sich darin zu verlieren, sich einfangen und verzaubern, kurz: sich glücklich machen lässt.
Aber versuchen wir sachlich zu bleiben und uns von den nüchternen Tatsachen auf den Boden der Realität zurückziehen zu lassen.
„Das wäre freilich nur wahr“, schreibt Piotr Michailowitsch von seinen Erfahrungen mit einer Troika, „wenn man sich an die Tatsachen hält. Aber wie albern wäre das denn?“

Trotzdem will ich mich kurz beschränken, dem Glück der maßlosen Phantasie entsagen und davon berichten, was in diesem Buch geschieht. Dieses Buch ist ein Briefroman, die Korrespondenz zwischen Anna Konstantionowna Annuschka Blume, die Lehrerin ist, in einem ukrainischen Dorf, wo sie ihre Schüler liebevoll aber nach durchaus sehr eigenen Prinzipien erzieht: „Je unglaubwürdiger die Tatsachen, je absurder der Inhalt, umso besser die Note. Zu einem schüchternen Kind sage ich immer: "Sieh zu, dass du Fehler machst, Kleines" und streichle ihm die Wange. Einem kleinen Intellekturellen mit dicken Brillengläsern sage ich: "Bloß keine harten Tatsachen, Freundchen, sonst bleibst du sitzen!"
Und Piotr Michailowitsch Sie berichtet Piotr Michailowitsch in ihren Briefen vom Dorfleben, von ihrer zusätzlichen Arbeit im Bergwerk, wie sie dem versoffenen Kusmitsch schließlich Wattestiefel kauft, damit er seinen lahmen Hund in einer selbst gebastelten Karre durch einen Winter schieben kann, in dem die Tränen umgehend auf dem Gesicht gefrieren, wenn man die Dummheit begeht, im Freien zu weinen, oder von Goriunowa ihrer einzigen Freundin
Piotr hingegen schreibt ihr von seinen Aufträgen als Visionär, wie er beweisen soll, dass die Steppe und die Berge das Gleiche sind und wie er in eine Burka gehüllt in Bagdad nach einer Möglichkeit sucht einen Meteor aufzuhalten, der auf die Erde zustürzt.
Aber das ist es nicht wirklich, das ist nicht wirklich der Inhalt, weil man ihn nüchtern nicht wiedergeben kann, weil es hier um einen Traum geht und was bleibt übrig von einem Traum, wenn man ihn erzählt?
Außer man heißt Marjana Gaponenko. Und dabei ist es ihr erster Roman. Was kann man da noch erhoffen.
Jedenfalls: nachdem man dieses Buch gelesen hat, weiß man selbst nicht mehr was der Unterschied ist, zwischen Bergen und Steppe, Männern und Frauen, Unglück und Glück. Nur an einen seltsam leeren und nüchternen Zustand kann man sich noch erinnern, an die Zeit bevor man dieses Buch gelesen hat. Also daran, wie albern man gewesen ist, als man sich noch an die Tatsachen gehalten hat.
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Sonntag, 19. Dezember 2010

Die kurze Geschichte eines langen Lebens


(343)

Natürlich bin ich pathetisch
Sagt Sansibar
Warum sonst hast du uns
Das Wissen um den Tod eingepflanzt
Lieber Gott
Wir sind kleine Fragezeichen
Auf dem Weg zur großen Antwort
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Samstag, 18. Dezember 2010

Die wunderschöne Lügenhaut der Geschichte

Wie die Zeit abfloss an ihm
das dachten wir damals
wenn nur sein Mund lebendig war
und die Augen
Dort fand die Bewegung statt
und hielt uns fest
widerwillig gebannt
bestaunten wir die wunderschöne Lügenhaut
seiner Geschichte
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Donnerstag, 16. Dezember 2010

...

Am Brunnen sitzen zwei
Der Brunnen ist tief
die zwei eher oberflächlich
Vorbeiziehende Schwalben
Zweifel und Ölzweige im Schnabel
Der Brunnen schweigt
Die zwei reden
(von jeher der Unterschied
von der Tiefe zur Oberfläche)
Was ist Zeit
fragt der eine den anderen
Der wirft einen Stein in den Brunnen
und der andere versteht
d.h. er schweigt.
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Montag, 13. Dezember 2010

...

Der lange Winter der uns vergräbt
Im Schnee längst vergangener Tage
schneiden wir Bilder aus Kälte
warten auf Licht
versuchen zu halten
was niemand verspricht
Fallen haltlos (schwerelos)
in eine Decke aus Nichts
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Montag, 29. November 2010

am 10. Dezember

voruebergehend-unsterblich (pdf, 193 KB)
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...

Der Morgen war ratlos. Vielleicht deshalb bildete er sich ein, alles besser zu wissen. (Was sonst ist Ratlosigkeit?) Ich weckte den Rest meines Körpers und stand auf. Das glatte Holz unter meinen bloßen Füßen begrüßte mich. Kalt, aber auch ansehnlich, auf eine Art verbrüdert, die mir sonst schon lange niemand mehr entgegenbrachte. Es trug mich. Immerhin.
Die Geräusche waren schon lange vor mir erwacht. Ich aber würde erst wieder etwas zu sagen haben, wenn ich wüsste wohin ich gehen sollte. Wenn ich ein Ziel vor Augen hätte. Gleichgültig wie unerreichbar es war.
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