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Wenn die Stadt ein Körper ist
Wie die Dichter behaupten
Sagt Sansibar
Dann ist auch mein Körper eine Stadt
Eine Stadt die vom Wasser träumt
Von einer Brandung
Und schäumender Gischt
Ich saß auf dem Buckel einer Düne
Und wartete auf etwas
Das mich erfasst
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Reden wir einen Moment von Klarheit
Sagt Sansibar
Von den Dingen die sich vollenden
Und all denen die auf der Strecke bleiben
Von der Hoffnung
Und wie sie ausradiert wird
Zurück bleibt nichts
Außer ein paar schmutziggrauen
Gummiwürstchen
Die man für Schlangen halten kann
Bevor man in den Apfel beißt
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Den Zweifel gegessen
Mit spitzen Fingern
Um die Zeit zu vergessen
Der es nichts ausmacht
Dass es mich gibt
(Die mich ausmacht
Weil sie nichts liebt)
Das Messer wetzen
Am Verstand
Die quietschende Schublade
Heulen lassen
Die Wut verpacken
In neutrale Grimassen
Die Zähne unter dem
Schaum begraben
Schweiß und die Perlen
Die daraus werden könnten
Hätten wir Zeit
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Und dann bleibt nichts mehr zu tun
Die Hexe brennt
Das Feuer schwelt
Der Raucht beißt in den Augen
Ihr seid zu zweit
Und es ist seltsam wie ihr
Euch jetzt anseht
Jenseits der Gefahr
Die hier vor euren Augen in Rauch aufgeht
Hänsel stopft sich die Taschen voll Gold
Und behauptet den Weg zurück
Ohne weiteres zu finden
Du starrst in das Feuer
Und es ist eine Art Kälte
Die in dir brennt
Als du dich umdrehst
Und einen entgegengesetzten Weg einschlägst
In eine ungewissen Zukunft hinein
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„Die Eifersucht ist ja ein Organ, und dieses Organ hat Fühler und Hörnchen, es sitzt zwischen Herz und Magen, und wenn es in der Herzgrube zieht und im Ohr knattert, dann schläft dieses Organ noch, sowohl die Fühler wie die Hörnchen; und sogar wenn der Hals weh tut, ist das noch keine Eifersucht, und wenn das Herz weh tut, auch nicht, dieses Organ wird nicht einmal vom Blut durchströmt, es erfüllt keine einzige nützliche Funktion, es enthält kein Gramm graue Zellen, aber es ist materiell, dieses Organ! Man kann es nachts beobachten, sogar im Bahnhof am Bahnhofsbuffet, wie es sich zwischen Herz und Magen windet, es hämmert einem derart auf den Kopf, dieses abscheuliche Organ, dass alle Einzelheiten der Theke zum Vorschein kommen, dieses Organ hat einen besonderen Beutel für das Durchkauen der Details, dieser Beutel ist schmuddelig, dreckig und grau, aber eisen, wie Eisen und uneisern, wie Nerven.“
(Valeria Narbikova „Die Reise“)
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Sansibar sieht aus dem Fenster
Das Leben hat mich verloren
Denkt er
Weil ich mich nicht erinnern kann
An die blaue Mattigkeit der Tage
Die Gestelle in die man das Alter packt
Kindheit Jugend Greis sein
Wie Äpfel und Birnen
Aber ich bin eine Banane
Und nur meine Schale ist fleckig
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Wir pflegten das Licht
Das sich im Schweigen ausbreitete
Wir trugen es in den Wald
Wir verteilten es unter die Farne
Wir legten es ins Moos
Wir behielten Recht
Und verloren den Weg
Das war das Zeichen
Um aufzubrechen
Wir ließen das Licht zurück
(dem Licht war es recht)
Wir verließen den Wald
Du warst entzückt
Von der Finsternis auf den Straßen
Ich gönnte dir dein Glück
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Ich saß auf dem Sofa, sah dem Regen zu und dachte daran, wie oft ich mich jetzt schon aus meinem Leben ausgeschlossen hatte, und immer wieder vor der Tür stand und reinwollte. (ich sammle jetzt Türgriffe. Hast du das gewusst?)
Ich stellte mir vor und dann ging ich durch diese Vorstellung hindurch, als sei es eine Wand. (Ich kann jetzt durch Wände gehen. Hast du das gewusst?) Ich stellte mir vor, wie ich mich mit mir an einen Tisch setze. Der Tisch dunkel und viereckig, aus Holz. Wie wir uns gegenübersitzen, uns kampflustig anschauen, wie jede von uns darauf wartet, dass die andere den Anfang macht, wie wir langsam müde werden und weicher. Und schließlich aufstehen, weil wir merken, dass keine von uns der anderen etwas zu sagen hat.
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Sie sagt
Ich fotografiere jetzt nicht mehr
Ich mache Skizzen
Ich zähle
Das macht die Übergänge sichtbar
Erhält die wörtliche Zeitrechnung
Verschwendet den Sinn an die untergehenden Nächte
Ich fotografiere nicht mehr
Sagt sie
Ich mache Bilder
Und stelle mich rein
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