Montag, 16. August 2010

...

Du musst die Träume von den Bäumen pflücken, sagte ihr Vater. Aber du darfst sie nicht anschauen. Lege sie in einen gläsernen Sarg und begrabe sie unter dem Laub des Lebens.
Dann musst du warten, sagte er. Ein ganzes Leben lang haben wir dir beigebracht, wie Warten geht. Das Warten ist der einzige Weg, den jeder betreten kann.
Deine Mutter, sagte ihr Vater, die glaubt an Flügel, an Engel, an den Wind. Aber das sind nur andere Namen für das Warten, glaub mir.
Es ist wichtig, dass eine glaubt, wenn sie wartet. Dann verlieren die Träume die Farbe und ergeben ein Bild.
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Sonntag, 15. August 2010

Für Marguerite Duras

Ich bin Aurelia Steiner
Ich bin 18 Jahre alt
Ich bin tot.
Ich suche weiter
Ich kann nicht sagen was ich suche
Vielleicht ein Wort
Ein Wort für das Gefühl
Vielleicht die Freiheit
Wo auch immer sie liegt
Aufgeknüpft
Langsam sterbend am Galgen
Ich glaube nichts
Ich bin das was ich schreibe
Ich bin die Angst und die Furchtlosigkeit
Ich bin das Überschreiten der Grenzen
Ich bin die Überwindung des Selbst
Ich bin Aurelia Steiner
Ich bin 18 Jahre alt
Ich schreibe dass ich lebe
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Samstag, 14. August 2010

Der Stand der Wörter

Ich ging mit meinem Hund durch die Wüste
Der Wind spielte uns ein Steinhaus vor
Was willst du mit dem Schatten
Fragte Orpheus Eurydike
Und sie sagte lass mich nur machen
Also ließ er sie machen
Und spielte seine Harfe
Und sie starb
Er aber war untröstlich
Was ist Trost und wo soll ich ihn finden
Rief er die Götter an
Die ihn zum Fluss schickten
Wo die Fische sangen
Viel schöner als er
Und der Fährmann erbarmte sich seiner
Und alle konnte er überzeugen mit seinem naiven Geschick
(von Liebe redete er nicht)
wir glauben die Märchen sagte Eurydike
aber sieh nicht zurück
Ein Märchen das zurückblickt
Wird sich selbst zum Geschick
Orpheus war verzaubert von Eurydikes Rede
Von seinem Glück
Dann war er nur noch vom Glück geblendet
Eurydike ließ er zurück
Das war was mein Hund mir erzählte
Was mich durstig machte
War etwas anderes
(aber ich drehte mich nicht danach um)
Das ist der Stand der Wörter
So fühlt es sich an wenn nichts mehr weiter geht
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Freitag, 13. August 2010

Der Matrose

Hört zu
Sagte die Großmutter
Ich weiß eine Geschichte
Die sich zu erzählen lohnt
Gerade weil es sich erübrigt
Sie zu verstehen
Ich habe ein Rezept
Sagte die Großmutter
Ich werfe alle Geschichten
In einen großen Topf
Der Matrose stand vor dem Fenster
Und sah hinaus
Er wusste nicht wie viele Stunden
Er schon so stand
Ich weiß es auch nicht
Man hatte ihm weismachen wollen
Dass er ein Prinz aus einem Märchen sei
(das Schneewittchen der sieben Weltmeere)
Man hatte ihm Legenden erzählt
Ihn eingelullt und nach seiner Mutter gefragt
Glaubst du an nichts als Wiederholungen
Wollte man von ihm wissen
Und erst als er antwortete
Ich glaube an den Wind das himmlische Kind
Hatte man von ihm abgelassen
Er hatte nichts mehr gesagt
Nichts gefragt
Vor ihm lag der weite Horizont
Hinter ihm lag lauter niemand
Er war müde
Deshalb stand er nicht auf
Das Fenster hielt ihn
Und nur seine Tränen flossen
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Donnerstag, 12. August 2010

...

Ich kann diese Zeilen nicht wiederfinden
Das Vertrauen in ein Wort
Die geduldigen Gräser sind unruhig geworden
Was uns bleibt ist eine Vorstellung von einem Ort
Den wir niemals betreten dürfen
(Verdurstende unter Wasser)
Als wäre das Leben etwas anderes
Als ein fortwährender sehr langsamer Mord
Es sind die Auslassungen von denen wir leben
Wenn die Zwischenräume verschwinden
Verschwinden auch wir
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Mittwoch, 11. August 2010

...

Wir senden Ihnen heute zu unserer Entlastung zurück:
Ein Stück Hoffnung und Glaube und Zuversicht
Ein Mädchen, das für immer verloren in einer Küche sitzt
Ein Gespräch, ein paar Satzfetzen
Eine gehörige Portion Sanftmut
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Dienstag, 10. August 2010

...

Die Äpfel blühen und die blauen Läuse verabschieden sich
Jemand nimmt das Wort literarisches Colloquium in den Mund
Und verschluckt sich daran
Ein anderer findet eine Haarnadel
Und steckt sie sich an den Hut
Ich fühle mich so unbeweglich
Singt der Vogel
Und lässt seine Flügel hängen
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Montag, 9. August 2010

...

Ich bin einsam
Zweisilbig
Und drittklassig
Ich höre mir
Viermal täglich
Fünfklassiges Gerede an
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