Peter Kurzeck erzählt - 19.02. 2010 im Folkwang Museum in Essen

Fünf Uhren habe er sich gekauft, erzählt er, er erzählt es in allen Einzelheiten, wie einer dem Zeit nichts bedeutet. Fünf Uhren habe er dann mit dem letzten Bus nach Hause getragen und aufgestellt, rings um seinen Arbeitsplatz herum, bis auf die Fünfte, die mit dem blauen Ziffernblatt habe er ins Schlafzimmer gestellt, weil er dachte, das Blau würde ihn beruhigen. Er erzählt von den Uhren, davon wie ihre hakenden Sekundenzeiger gemeinsam üben in seiner Abwesenheit, davon wie er die Zeit auf einer der Uhren um eine Stunde vorstellt, nur damit er sich nach dem Schreck, dass die Zeit so schnell vergeht, erleichtert sagen kann, sie geht ja vor, diese Uhr geht ja vor, es ist noch gar nicht so spät. Von seiner Verehrung für Rembrandt erzählt er, und dass er ihn in jedem Buch erwähnen muss, dass er ihn vielleicht darum so verehrt, weil er die Menschen, die er liebte schlafend gemalt hat. Und egal wovon er erzählt, von der weißen Gabel mit der er Oliven ißt, und wie er seinen Schlaganfall nicht ernst genommen und fast gar nicht bemerkt hat, oder von der Aufregung und Nervosität beim Schreiben, aber auch von der Ruhe eines vollkommen aufgehobenen Moments, immer erzählt er davon, dass keiner stirbt, dass es Zeit nicht gibt, man muss nur immer besser werden, immer besser schreiben, damit sich die Zeit um den Schreibenden herum versammelt und nicht mehr weiter geht.
Er erzählt es wie jemand, der genau die Reihenfolge der Wörter kennt und die Stelle an denen sie sich wiederholen, weil ihm die Zeit nichts bedeutet, weil er sie anhalten kann.
Am 19. Februar in Essen ist genau das passiert. Während Peter Kurzeck erzählte, gab es keine Zeit, was da weitergegangen ist, waren nur die dummen kleinen Zeiger der Uhren.
1558mal gelesen
Iris Zucker (Gast) - 22. Feb, 12:03

Guter Mann der Kurzeck,
mein Mann heißt übrigens auch Kurzeck

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